Ein Trend setzt sich seit vielen Jahren fort, immer mehr Menschen treten in Deutschland aus der Kirche aus und zahlen keine Kirchensteuer mehr. Die Kirche kämpft mit den schwachen Einnahmen und hat angekündigt, bis zu 40.000 denkmalgeschützte Immobilien bis zum Jahr 2060 aufzugeben. Neue Zahlen des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) prognostizieren, dass die Einnahmen der Kirche unter Berücksichtigung der Inflation bis 2027 auf 11,3 Milliarden sinken werden.
Kirche steht unter finanziellen Druck
Ganz besonders in Deutschland machen Immobilien einen großen Teil des kirchlichen Vermögens aus. Da aber rund 67 Prozent der Bundesbürger für eine Abschaffung der Kirchensteuer sind und jedes Jahr Rekordzahlen von Kirchenaustritten zu verzeichnen sind, muss auch der Landesherr prüfen, wo er die fehlenden Gelder wieder zusammenkratzen kann. Trotzdem steigen nach dem Statistik-Portal statista die Einnahmen der Katholischen und Evangelischen Kirche in Deutschland durch die Kirchensteuer von 2004 bis 2021 kontinuierlich an. Erst seit 2019 stagnieren die Einnahmen beider christlichen Kirchen.
Die Zahl der Deutschen, die eine staatlich verwaltete „Kirchensteuer“ an die katholische Kirche oder die größte protestantische Gruppe des Landes zahlen, wird sich bis 2060 voraussichtlich halbieren (-49 %), so Forscher der Universität Freiburg. Bis zum Planungsjahr der Kirche, 2060, wird ein Rückgang der deutschen Bevölkerung um 21 % erwartet. Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) erwartet bis zum Jahr 2027 Einnahmen aus der Kirchensteuer von 14,4 Milliarden Euro, was fast 2 Milliarden mehr ist als der bisherige Höhepunkt. Unter Berücksichtigung der aktuellen Inflation ergibt sich faktisch ein Rückgang der Einnahmen um etwa eine Milliarde, auf ca. 11,3 Milliarden Euro.
Wie die Hannoversche Allgemeine Zeitung berichtet, haben die Evangelische Kirche Deutschlands (EKD) und der Verband der Diözesen Deutschlands (VDD) nun angekündigt, bis zum Jahr 2060 40.000 teilweise denkmalgeschützte Immobilien zu verkaufen, um die Finanzierungslücke zu schließen. Bei diesen 40.000 Immobilien handelt es sich vor allem um Pfarrhäuser und Gemeindehäuser, die in etwa ein Drittel des Bestandes der Kirche ausmachen.
Deutsche Kirche plant den Verkauf von Denkmälern
Dem veröffentlichten Papier zufolge gehören dazu auch Kirchengebäude, von denen einige vom Abriss bedroht sein könnten. Seit den 1990er Jahren wurden von den 1.200 Kirchen, die von EKD und VDD aufgegeben wurden, 278 abgerissen.
Die Denkmalschutzbehörden in Deutschland wollen eine frühzeitige Zusammenarbeit mit der Kirche, damit keine historischen Bauten verloren gehen. Wenn 80 Prozent der heutigen Kirchen unter Denkmalschutz stehen und nicht abgerissen, sondern zu Wohn- oder Kulturzentren umgewidmet werden sollen, muss neu geprüft werden, was der Schutzstatus in der Praxis bedeutet.
Allein der evangelische Teil der Kirche besitzt 21.000 Kirchen, 17.000 Pfarrhäuser und 13.000 Gemeindezentren oder Dorfgemeinschaftshäuser in Deutschland. Während das Schicksal dieser Orte ungewiss bleibt, bittet das deutsche Landesamt für Denkmalpflege die Kirche um eine frühzeitige Kooperation beim Verkauf, um den Denkmalschutz zu gewährleisten.
Kirchen werden bereits verkauft
„Sehr schmerzhaft“, so beschreibt Pfarrer Stefan Langer den Abriss der Kirche nördlich von Hamburg. Jahrelang hat Langer hier Taufen, Trauungen und Gottesdienste betreut, jetzt steht das ehemalige Kirchengelände fast leer. Die Gemeinde hat das Grundstück zum Verkauf angeboten und warb 2012 mit einem Preis von 310.000 € für ein „bebaubares Grundstück“ in „bester Lage“. Ein Bulldozer riss den großen Kirchensaal und den Glockenturm ab. Innerhalb weniger Stunden wurde das Gotteshaus zu einem Trümmerhaufen. Mit diesen Preisen werden die denkmalgeschützten Immobilien der Kirche auch für Privatpersonen interessant, was unter Umständen auch ein Problem sein kann.
Überall in Deutschland werden Kirchen abgerissen. Nehmen Sie zum Beispiel die Stadt Frankfurt am Main. In den 1950er Jahren, als Konrad Adenauer deutscher Bundeskanzler war, lebten 430.000 Protestanten in der Stadt. Heute sind es nur noch 110.000. Diese rückläufige Zahl hat die regionalen Kirchenbehörden dazu gezwungen, jedes vierte Gotteshaus zu schließen.
Das Thema ist bei der Kirche schon lange bekannt. Bereits im März 2019 hatte der Eichstätter Bischof Gregor Maria Hanke die deutschen Bischöfe zu einem Gespräch über das Thema aufgerufen. „Wir, die deutschen Bischöfe, müssen dringend darüber nachdenken, wie es mit der Kirchensteuer weitergehen kann und soll – ich vermisse diese Diskussion, denn sowohl die katholische als auch die evangelische Kirche hat jedes Jahr mit einer großen Zahl von Kirchenaustritten zu kämpfen“, sagte Hanke.
Was passiert mit den denkmalgeschützten Immobilien der Kirche?
Unter den 40.000 denkmalgeschützten Immobilien ist es insbesondere für die Kirchen mit großen Sälen und aufwendig verzierten Bleiglasenstern schwierig, eine neue Aufgabe zu finden, ohne den Saal denkmalgeschützten Saal zu zerstören. Die Evangelische Kirche Mitteldeutschland verwaltet rund 20 Prozent der evangelischen Kirchen in Deutschland und hat angefangen, die Kirchen in kleinen Projekten umzugestalten. In Zusammenarbeit mit Internationale Bauausstellung (IBA) wurden erste Konzepte getestet.
Während in den Niederlanden ein radikales Konzept verfolgt wird, indem die denkmalgeschützten Kirchen in Wohnungen, Restaurants, Altenpflegeeinrichtungen und andere Einrichtungen umgewandelt werden, hat das Konzept in Deutschland bisher wenig Anklang gefunden. Hierzulande wird, jedenfalls in Mitteldeutschland, das Konzept der Doppelnutzung getestet. Ein Klangkünstler hat eine Feuerorgel in der Kirche installiert und lockt damit Künstler und Kunstbegeisterte an. Kirche aufgeschlossen befasst sich damit und verwaltet das Thema der doppelten Nutzung von den Immobilien der Kirche.
Weitere Ideen für die Nutzung von den riesigen Gebäuden der Kirche sind Museen, Archive, extravagante Ausstellungsräume. Besonders berühmte Bauwerke der Kirche werden sehr wahrscheinlich nicht verkauft werden. Sollten sich die finanziellen Schwierigkeiten der Kirche weiter verschärfen und das Konzept der doppelten Nutzung gut ankommen, sind auch hier Projekte denkbar. Der Kölner Dom ist die wohl bekannteste Kirchenimmobilie in Deutschland. Die ehemalige Reichsstadt Aachen hat ebenfalls eine beeindruckende Kathedrale, die ähnlich prachtvoll ist, wie der Berliner Dom oder die Frauenkirche in Dresden.
(TB)